Türkei III - von Seen und Städten

wunderschöner Egedir
Nach Pamukkale steuern wir direkt eine weitere Naturschönheit an. Der See Egedir ist traumhaft zwischen Bergen gelegen und wir schlagen direkt für zwei Tage unsere Zelte auf. Allerdings verbringen wir zuvor einige Zeit damit, eine geeignete Bucht zu finden, da der schönste Strand von einem Campingplatz vereinnahmt wurde und uns andere Stellen einfach zu vermüllt sind. Ein Phänomen, das uns im Übrigen schon seit unserer Zeit in Polen zunehmend begegnet. Es ist etwas unheimlich, dass wir langsam merken, wie wir uns inzwischen fast schon ein wenig daran gewöhnen. Haben wir uns anfangs noch vor Plätzen geekelt, auf denen von Tempos über Flaschen und Dosen bis hin zu Kondomen alles mögliche herum lag, packen wir inzwischen wie selbstverständlich unsere Zange und Müllbeutel aus um uns den Platz einfach selbst sauber zu machen. Doch was wir an (Plastik-)Müll an manchen Stränden des Schwarzen Meeres oder eben in Buchten wie hier am See vorfinden, macht uns tatsächlich betroffen. Hier kommen wir mit unseren Mülltüten nicht weit, könnten wir doch so manchen Container mit dem ganzen Unrat füllen!
Vor allem die Plastikberge lassen uns etwas schuldbewusst die eigenen Müllmengen überdenken...

Doch letzten Endes werden wir am Egedir See wie gesagt fündig und Aynur, eine alte Frau, die mit ihrem Mann und einer Ziege eine kleine Hütte am Strand bewohnt, kommt zu uns und bringt uns Pflaumen. Wir kontern souverän mit unserer Spezialität: in Olivenöl geröstetes Brot mit Kräutern. Ansonsten haben wir den Strand bis auf gelegentliche Strandbesucher ganz für uns. Dafür machen wir die Bekanntschaft einiger Tiere. Zwei streunende Hunde gesellen sich zeitweise zu uns, eine Ziegenherde trinkt regelmäßig in unserer Nähe am Wasser und eine Schildkröte läuft uns über den Weg. Super ist auch ein riesiger Mistkäfer, der sich begeistert auf die Hinterlassenschaft einer Ziege stürzt und diese akribisch zu einer perfekten Kugel rollt, mit der er dann über den ganzen Strand kugelt. Weniger erfreut ist Marie dagegen über einen Krebs, den wir nicht etwa im Wasser sehen, sondern der circa 20 Meter von selbigem entfernt über die Wiese rennt!

Wir selbst steuern zur hiesigen Fauna übrigens auch etwas bei: Unser Urzeitkrebschen, das wir am Tag unserer Einreise versehentlich mitgenommen haben, ist nun eine Woche per Anhalter mit uns mitgefahren und möchte hier aussteigen. Feierlich übergeben wir ihn den Fluten des Egidir- irgendwie haben wir den kleinen Begleiter lieb gewonnen und es nicht übers Herz gebracht, das Wasser einfach auf der erstbesten Wiese auszuschütten...

Tagsüber ist es recht warm und wir dösen und lesen unter unserem Tarp oder im Schatten eines Baumes, abends kühlt es jedoch jedes Mal sehr ab und die dunklen Gewitterwolken bringen uns an beiden Abenden neben starkem Wind auch heftigen Regen. Johannes nimmt das Gewitter des ersten Abends zum Anlass, seine Feuerstelle gleich am nächsten Morgen zu optimieren und baut uns aus Steinen eine Art kleines Iglu, in dem das Feuer wettergeschützt brennen kann und bei dem er oben lediglich eine kleine Öffnung für den Topf frei lässt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen und unser Essen wird pünktlich mit den ersten Regentropfen fertig. Im trockenen Henk gemütlich futtern und den Regen aufs Dach prasseln hören hat schon was...

Es gefällt uns gut am Egedir und hätte es am dritten Tag nicht durchgehend geregnet, wären wir vielleicht noch etwas geblieben. Doch es gibt noch so viel zu sehen und wir freuen uns schon auf die Landschaft in Kappadokien, die uns einige Tage später den Atem rauben wird! (So viel sei schon einmal verraten...)


Flächenbrand am Kraterrand
Auf unserem Weg dorthin sehen wir übrigens noch zwei besondere Seen; Den Meke Maar und den Acigöl, beides Seen, die sich innerhalb zweier Vulkankrater gebildet haben. Während ersterer zwar seit ein paar Jahren kein Wasser mehr führt, die hellbraune einsame Landschaft um ihn herum jedoch umso eindrucksvoller ist, herrscht am Acigöl lebhaftes Badevergnügen einiger Jugendlicher. Hier stehen sogar ein Paar spartanisch überdachte Gerüste mit Bänken und Tischen und auch zwei kleine Container mit Duschzellen und Toiletten.

Mittags wird es aufregend: Gleich zweimal sehen wir Flammen direkt neben dem Weg in den Krater aufsteigen. Allerdings ist hierfür keineswegs vulkanische Aktivität verantwortlich, sondern gedankenlose Autofahrer, die brennende Zigaretten aus ihren Wagen werfen. Beim zweiten Mal sorgt der kräftige Wind dafür, dass die Flammen nicht wieder ausgehen, sondern sich auf dem Hang ausbreiten. Die Flammen fressen sich dabei so langsam voran, dass die Einheimischen anfangs keinerlei Notiz davon nehmen und wir uns fragen, ob das hier `normal´ ist und man einfach wartet, bis das Feuer von selbst aus geht. Immerhin gibt es hier außer ein paar vereinzelten Büschen keine großen Pflanzen, die in Brand geraten können. Doch dann wird doch die Feuerwehr gerufen und wir können live die Löscharbeiten verfolgen. Der verkohlte Bereich ist inzwischen auf mehrere hundert Quadratmeter angewachsen!

Wir beschließen, die Nacht über hier zu bleiben, machen wieder ein Feuerchen zum Kochen und bekommen von unseren netten `Nachbarn´ Cay im Gegenzug für etwas Holz und Obst.
Am nächsten Morgen sind wir mit einem umgebauten niederländischen LKW allein, dessen Insassen sich jedoch den ganzen Morgen über nicht zeigen. Schade eigentlich, denn wir sind neugierig, wie sie mit ihrem monströsen Gefährt reisen und hätten sie gern etwas ausgefragt. Stattdessen joggen wir (zum ersten mal gemeinsam) um den See, der dann doch viel größer ist als wir beim Loslaufen annehmen. Johannes hat gar keine Probleme mit der Entfernung, Marie dagegen ist nach der Hälfte platt. Anschließend wollen wir im See baden, doch der ist durch die im Wasser gelösten Mineralien so salzig, dass wir darauf verzichten und nun doch nicht um die a...kalte Dusche in dem etwas unheimlichen Container herum kommen. Immerhin hier kann Marie wieder etwas punkten, der das kalte Wasser nicht so viel ausmacht wie Johannes...


Stadtleben

Die Städte, die wir auf dem Weg nach Kappadokien sehen, gefallen uns gut, auch wenn wir sie nicht unbedingt als Sehenswürdigkeiten einstufen würden.

Zu nennen wäre einmal Aksehir, eine Stadt, die als Geburtsstadt des witzig schlauen Hodja einige Bekanntheit erlangt hat. Überall stehen Statuen des dickbäuchigen, Turban tragenden `türkischen Blumepeters´ herum und auf Schildern sind einige seiner Anekdoten auch auf englisch zu lesen. Sehr schön gemacht eigentlich – auch wenn sein Humor im Stile Fips Asmussens dem unseren eher weniger entspricht …
Was dagegen voll unser Geschmack ist, ist der wirklich gigantisch große Markt. Erst als wir bereits über einen großen Platz mit Ständen gelaufen sind, an denen neue und gebrauchte Kleidung verkauft wird, bemerken wir, dass sich daran ein noch viel größeres Areal anschließt, auf dem es ein riesiges Angebot an Obst, Gemüse und Haushaltswaren gibt. Melonen werden direkt vom übervollen Transporter verkauft, Fische schwimmen in großen Bottichen und warten auf einen Käufer und riesige Berge Schaf- und Ziegenkäse werde vor unseren Augen in kleine Plastikbecher gefüllt. Manche haben richtige Tische, die sich unter der Last der bunten Ware biegen, andere sitzen einfach auf dem Boden und haben ihre Maiskolben wie einen Schutzwall um sich herum aufgeschichtet. So bunt, groß und trubelig ist dieser Markt, dass wir ihn regelrecht Reiz überflutet wieder verlassen.

In Konya, der flächenmäßig größten Stadt der Türkei, finden wir den definitiv gepflegtesten und luxuriösesten kostenlosen Stellplatz innerhalb einer Großstadt vor. Direkt daran anschließend befindet sich ein riesiger bewachter Park mit etlichen Grillhütten. Die Gleichförmigkeit der Hütten in ihrer immensen Anzahl lassen den Park allerdings etwas gespenstisch wirken.
Als wir abends mit der Straßenbahn ins Zentrum fahren, bestätigt sich unser erster Eindruck auch hier. Alle Gebäude, Parkanlagen und auch die Straßenbahnen selbst sehen wir frisch gebaut und extrem gepflegt aus. Es ist ein ganz anderes Stadtbild als wir es bislang erlebt haben und wir freuen uns einerseits über diese Abwechslung, andererseits fehlt uns das lebendige Treiben, das wir von anderen Städten kennen. Irgendwie wird für unseren Geschmack in dieser Stadt die Grenze von gepflegt zu steril/langweilig eindeutig überschritten. Obwohl die Stadt mit Mevlawa den Begründer der Schule der Derwishe hervorgebracht hat und mit dem entsprechenden Museum geworben wird, bleiben wir nur eine Nacht und fahren am nächsten Tag weiter. Dennoch wird uns der Platz in guter Erinnerung bleiben. Nicht nur durch die guten sanitären Anlagen, sondern vor allem aufgrund der netten Leute, die wir hier treffen. Sowohl der fröhliche Hussein, der unseren provisorischen Trangiakocher (den wir benutzen bis wir das Ersatzteil haben) auslacht und uns seinen großen Gasgrill leihen will während er den Tag über weg ist, als auch ein junges französisches Pärchen, das auf seiner Reise nach Indien sogar eine Katze dabei hat, sorgen für schöne Momente auf unserem Platz. Besonders freuen wir uns natürlich, dass wir mit Rita und Andreas, die mit ihren zwei Mädchen unterwegs sind, auf Deutsche treffen, mit denen wir Erfahrungen austauschen können. Wir quatschen so lange, dass wir trotz frühen Aufstehens erst gegen Mittag weiter fahren.

Auch Eregli ist für uns eigentlich `nur´ eine hübsche Durchgangsstadt, durch die Begegnungen mit Einwohnern der Stadt jedoch auf jeden Fall eine Erwähnung wert. Auf der Suche nach einem Cay Cafe mit Wifi kommt es zunächst zu dieser Unterhaltung:
"Haben sie Wifi?" "Nein, aber Tomaten, Zwiebeln, Peperoni...!" Wir lachen gemeinsam, suchen aber doch weiter, da wir schon länger keine Nachricht mehr nach Hause gesendet haben. Schließlich finden wir ein Restaurant, bei dem das Essen nicht nur hervorragend schmeckt, sondern dessen Betreiber unheimlich bemüht und freundlich sind. Allein um Johannes Internet zu verschaffen (beim ersten Versuch klappt es nicht), helfen mindestens drei Personen geduldig mit und wir werden mehrfach gefragt, ob es uns auch wirklich schmeckt oder wir sonstige Hilfe brauchen. Nachdem uns beim Essen sogar ein vorbei laufender Passant anspricht, bietet uns schließlich auch Hakan seine Hilfe an und gibt uns seine Nummer, für den Fall dass wir irgendwann Probleme in der Türkei haben sollten. Er bedankt sich vielmals, dass wir die Region und `seine Stadt´ besuchen, da sich wohl nicht allzu viele Touristen hierher verirren.

Interessant für uns ist, dass er als Architekt in Konya arbeitet, denn so können wir ihn fragen, was es mit all den Neubauten auf sich hat. Wie er uns erzählt, sind große Teile der Stadt erst 1989 gegründet worden, woraufhin in den 90ern ein stark subventionierter Bauboom eingesetzt hat. Anscheinend sollen sich hier einige große Unternehmen niederlassen und man spekuliert darauf, dass sich die Beschäftigten mit ihren Familien in Konya niederlassen. Und so bekommen wir auch ohne das in der Türkei gesperrte Wikipedia unsere Antworten...


Für mehr photographische Eindrücke hier der Link: