Stippvisite


Georgien III

Auch wenn wir das Beste daraus machen – es ist ein komisches Gefühl, bereits nach drei Monaten wieder in die Richtung zurück zu fahren, aus der wir gekommen sind. Da ein Grenzübergang von Armenien aus in die Türkei nicht möglich ist, fahren wir nochmals über Georgien, verbringen dort jedoch nur eine Nacht, da es uns nach unserem Iran-Aus danach ist, etwas komplett Neues kennen zu lernen. Und sowohl in Georgien als auch in der Türkei haben wir ja bereits jeweils einen knappen Monat verbracht. Dazu kommt, dass wir uns nun für den Winter neu aufstellen müssen und wir in Albanien und Kroatien gerne noch einige Zeit verbringen möchten, bevor es kalt wird.

Kreativer Brückenbau

Höhlenstadt die fünfte... 

Für Georgien suchen wir uns daher die kürzeste Route aus und erwarten uns von unserer kurzen Fahrt durch das Land nicht allzu viel, doch dann zeigt sich Georgien noch einmal von seiner Schokoladenseite.
Zunächst einmal wird uns erst jetzt, da wir aus dem landschaftlich eher kargen Armenien kommen, so richtig klar, wie saftig grün hier alles ist. Einige der Bäume beginnen schon, ihre Blätter bunt zu färben und wir bekommen regelrecht heimatliche Gefühle.
Und dann haben wir ja Dank eines ...ähm... Navigationsfehlers noch eine Hauptattraktion Georgiens ausgelassen: die Höhlenstadt von Vardzia!

Wer jetzt die Augen verdreht und sich denkt `och nö, nicht schon wieder Höhlen´, dem geht es so wie uns, denn Höhlenstädte haben wir seit der Türkei in jedem Land und in gefühlt jeder erdenklichen Ausführung kennen gelernt. Doch tatsächlich sind wir auch dieses Mal wieder fasziniert. In diesem Fall ist vor allem die Lage der Höhlen beeindruckend. Denn die steinernen Behausungen sind neben- und übereinander in eine teilweise nahezu senkrechte Wand geschlagen. Zum Teil ist dies wohl auch einigen heftigen Erdbeben geschuldet, die große Teile des Berges abrutschen ließen, sodass etliche Höhlen nun im Querschnitt wie eine Art Puppenhaus zu sehen sind. Der Zugang erfolgt dementsprechend über ein gut ausgebautes Netz von Leitern und Gerüsten. Neben den zahlreichen Wohnhöhlen gibt es im Innern des Berges ein altes Kloster samt Höhlenkirche zu bewundern. Bei der mit wunderbaren Fresken ausgestalteten Kirche und dem dazugehörigen Gängesystem kommen wir voll auf unsere Kosten.

Blick auf die Höhlenstadt

Übernachtungsplatz am `Monument´ 

Die Höhlenstadt an sich ist aber nicht das Einzige, was uns an diesem Tag begeistert. Das gesamte Tal gefällt uns so gut, dass wir beschließen, über Nacht hier zu bleiben um die Schlucht am nächsten Tag noch ein wenig zu erkunden. Als wir überlegen, wo wir unser Nachtlager aufschlagen, zeigt Marie entschlossen nach oben: Am Ende einer serpentinenreichen Straße sehen wir ein Monument vor dem blauen Himmel aufragen und daneben einige Ferienbungalows. Hier wird Johannes, der allmählich Hunger bekommt und Marie anlässlich unseres zweiten Jahrestages zum Essen einladen möchte, sicher etwas zu futtern finden. Aber bis dahin ist es ein weiter Weg. Serpentine um Serpentine winden wir uns den Berg hinauf, doch das Monument will einfach nicht näher kommen. Noch dazu zeigt uns der Weg ein letztes Mal, was es bedeuten kann, auf georgischen Straßen zu fahren, denn es liegen jede Menge größerer Steine auf dem Weg und die Schlaglöcher könnten tiefer nicht sein. Nach einer knappen Stunde Fahrt endlich oben angekommen müssen wir beide herzlich lachen: Das Monument entpuppt sich als ausgedientes, verrostetes Silo und die vermeintlichen Ferienhütten sind leerstehende Häuser, in denen Heu gelagert wird!

Wir sind wieder einmal irritiert, viele gleichförmige und inzwischen verlassene Häuser in Reih und Glied nebeneinander stehen zu sehen und gehen davon aus, dass hier im Sozialismus versucht wurde, Menschen planwirtschaftlich anzusiedeln. Doch neben den Geisterhäusern gibt es hier oben auf dem Hochplateau auch mehrere kleine Orte, in denen noch Leben ist und die uns mit frei laufenden Hühnern, bunten Blumengärten und vor den Häusern und den spielenden Kindern gut gefallen.
Wir selbst suchen uns einen etwas abgelegenen Platz am Rand des Plateaus und genießen die Aussicht auf das schöne Tal und die Höhlenstadt, die nachts sogar beleuchtet ist.

Am nächsten Tag fahren wir bis zum Ende der Schlucht weiter, besuchen dann die Kirche eines kleinen Nonnenklosters und besichtigen zu guter Letzt die kleine Höhlenstadt Wanis Kwabebi im selben Tal.
Hier ist außer uns nur ein weiteres deutsches Pärchen unterwegs und die Höhlen, die sich hier etwas weniger exponiert in die Schlucht schmiegen, gefallen uns fast noch ein bisschen besser als die Höhlen vom Vortag. Was uns besonders beeindruckt ist die Tatsache, dass hier noch immer Mönche einige der Höhlen bewohnen. Diese sind gut an den eingepassten und doppelt verglasten Fenstern zu erkennen und machen zumindest von außen einen behaglichen Eindruck. Auch Wäscheleinen und zwei Liegestühle verraten uns, dass hier Menschen leben und einen kleinen Garten gibt es hier auch. Grinsend pflückt Johannes etwas vom Grünstreifen neben der Auffahrt und hält es Marie vor die Nase. Das filigrane fünfblättrige Gewächs ist vielleicht ein Grund dafür, weshalb die Mönche, an denen wir bei unserem Spaziergang durch die Höhlen vorbei gekommen sind, so einen entspannten Eindruck gemacht haben...

Das geheimnisvolle Monument

Jedes Böhnchen macht ein Tönchen... 

Wir beenden unseren Ausflug durch das Tal mit einem gemütlichen Essen in einem kleinen Restaurant, bei dem wir noch einmal die typischen Gerichte der georgischen Küche bestellen. Vor allem das mit Käse gefüllte Kacchapuri schmeckt uns auch heute wieder gut. Doch am größten werden unsere Augen und Ohren, als Johannes Bohnentopf gebracht wird. Das tönerne Töpfchen kommt offenbar direkt aus dem Ofen und hört die nächsten fünf Minuten einfach nicht auf zu blubbern und zu brodeln! Unnötig zu erwähnen, dass die Bohnen in Johannes Bauch bis tief in die Nacht weiter blubbern...

Im Album auch als bewegtes Bild zu sehen: der Höllentopf

Modernes Treiben in mittelalterlichen Mauern 


Gut gesättigt geht es nun Richtung Grenze, bis eine Burganlage mit goldener Kuppel unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Wir sind in Achalziche und müssen nun doch kurz anhalten um uns das aus der Nähe anzuschauen.
Die Festungsanlage Rabati ist wirklich prachtvoll restauriert, wenn auch nicht ganz nach unserem Geschmack. Denn der gesamte Innenhof ist mit schicken Platten gepflastert, der Hofgarten modern bepflanzt und edle Restaurants befinden sich ebenfalls auf der Anlage. An manchen Stellen ist es schwer zu sagen, was noch origninal, beziehungsweise authentisch nachgebildet ist und was neu hinzu gedichtet wurde. Wir betrachten es einfach als mittelalterliches Disneyland und versuchen, über Schleichwege wenigstens einen kleinen Blick in den Bereich zu werfen, den wir auslassen, da wir hierfür keinen Eintritt zahlen möchten. Tatsächlich kommen wir immerhin auf den Wehrturm der Anlage und können einen Blick auf die goldene Kuppel erhaschen, die wir von Weitem gesehen haben und die zu einer gut erhaltenen Moschee gehört, die im 19. Jahrhundert in eine orthodoxe Kirche umgewandelt wurde.

die goldene Kuppel
Nur zwei Tage lang dauert unsere Stippvisite in Georgien.
Zwei Tage jedoch, die uns angefüllt mit neuen Eindrücken noch einmal zeigen, wie schön dieses Land ist.

Zum Album: