Letzte Zeit zu Zweit

Was verbirgt sich wohl hinter dieser Tür?

Endlich wieder etwas komplett Neues. Endlich wieder etwas so Vertrautes.
Ein bisschen wehmütig verabschieden wir uns von Abenteuer und Exotik, betreten mit der Europäischen Union heimatliche Gefilde. Doch wie kommen wir eigentlich darauf? Beide haben wir die Mittelmeerküste noch nie bereist, sogar eher gemieden, weil wir damit unwillkürlich Strandurlaub und Massentourismus in Verbindung bringen. So richtig Bescheid wissen wir über Griechenland eigentlich nicht und wenn wir uns über Vorurteile anderer Reisenden ärgern, sollten wir vielleicht erst einmal die unsrigen über Bord werfen.
Und tatsächlich stellt sich uns Griechenland als sehr viel abwechslungsreicher da, als wir zuvor dachten.

`Machst du einen Poseidon!´ 

Wir starten ganz klassisch mit gleich drei Übernachtungen an einem versteckten Traumstrand. Das klare Wasser, der blaue Himmel und der Sandstrand – das alles ist so, wie wir es von Postkarten her kennen. Nur dass die Nachsaison bereits begonnen hat und wir hier drei Tage lang komplett für uns sind! Mit Max und Paul verirren sich lediglich zwei Radfahrer zu uns, die von Berlin nach Teheran radeln wollen. Diese Woche haben sie sich auf den Tipp eines Freundes hin bei einem Fischer einquartiert, bei dem sie kostenlos im Garten zelten dürfen, wenn sie ihm im Gegenzug dabei helfen, seine Netze auszuwerfen. Ganz glücklich wirken die beiden indes nicht, denn offenbar hat ihr Freund versäumt, ihnen die klitzekleine Information zu geben, dass der über achtzig jährige Christos nicht nur gerne und viel plaudert, sondern auch nach fünf Minuten wieder vergessen hat, was er soeben erzählt hat. Statt einer entspannten Woche hängen die beiden nun in einer Dauerschleife fest, weshalb sie morgen früher als geplant wieder aufbrechen wollen. Sie verabschieden sich dann auch bald von uns, denn die Netze, die sie morgens ausgeworfen haben, müssen wieder eingeholt werden.

Am nächsten Morgen sind wir etwas verwundert, von einem kleinen Motorboot aus deutsche Klänge zu hören und sind irgendwann davon überzeugt, dass es Christos mit einem der beiden Radler sein muss. Aber wollten die zwei nicht schon heute früh weiter fahren?
Der Fischer wird auf uns aufmerksam und ruft uns vom Boot aus zu, wir sollen doch zum Fisch essen vorbei kommen. Und eine Stunde später erscheint Paul bei uns, um diese Einladung nochmals auf dem Landweg zu überbringen. Auf unsere Frage hin erklärt Paul, dass sie gestern mit Christos wie verabredet die Netze eingeholt haben und ihn auch über ihre Abreise am nächsten Morgen informiert haben. Doch irgendwie hat dieser dann die Netze wie selbstverständlich gleich noch einmal ausgeworfen um heute Morgen zu verkünden, dass er das Einholen nicht alleine bewerkstelligen kann. Dauerschleife eben...
Paul zuckt mit den Schultern und sieht es gelassen. Der alte Fischer kann schließlich nichts für seine Vergesslichkeit und die beiden gutmütigen Berliner haben sich inzwischen mit dem kauzigen aber auch herzlichen Mann arrangiert.

Trotzdem würden sich nicht nur Christos, sondern auch die beiden freuen, wenn wir vorbei kämen und so schlendern wir gegen Mittag zum am Meer gelegenen Grundstück. Christos hat noch eine Wohnung in der Stadt, doch solange es so warm ist, ist er am liebsten hier draußen. Gastfreundschaft ist ihm sehr wichtig und so steht neben seiner eigenen kleinen Hütte eine ebenso große nur für Gäste. Auch uns bietet er an, hier zu übernachten oder zumindest ein Mittagsschläfchen zu halten, doch wir sind mit unserem Henk sehr zufrieden. Max bringt fangfrisch gegrillten Fisch und dazu Kartoffelsalat und Wein. Es wird ein netter Nachmittag und Christos ist durchaus ein lustiger Gesell, der Johannes und mir das ebenfalls ihm gehörende Nachbargrundstück verspricht, sollten wir unseren Sohn Poseidon nennen und ihm die Geburtsurkunde zeigen: `Und? Machst du den Poseidon? Schaffst du das?´, wird Johannes mehrfach gefragt und den etwas gequält lächelnden Gesichtern von Paul und Max ist anzusehen, dass ihnen dieses Angebot ebenfalls mehr als einmal offeriert wurde. Alles in allem ein gemütlicher Nachmittag in netter Runde und als sich Christos für ein Nickerchen verabschiedet, kommen wir auch mit den Berlinern etwas mehr ins Gespräch. Für ihre Reise haben sie sich sieben Monate Zeit genommen und wollen über ihre Homepage und ihren Podcast darüber hinaus Spenden für das Hilfsprojekt Aqua con Viva sammeln. Es passt zu den bescheidenen und gutmütigen Kerlen, dass wir das aber erst mitbekommen, als wir ein paar Tage später neugierig in ihren Podcast rein hören...

Als sich die beiden gegen Abend endgültig von dem etwas anstrengenden aber herzensguten Christos verabschieden (der zum Abschied in die Runde fragt, ob von uns eigentlich jemand deutsch sprechen würde), treten auch wir den `Heimweg´ an. Wir denken über Christos nach, der durch seine beneidenswerte Offenheit anscheinend immer wieder Gäste und damit Gesellschaft hat, wünschen ihm aber auch von Herzen, dass seine Gastfreundschaft nicht irgendwann einmal ausgenutzt wird.

Paul mit dem Fischer Christos

Pfadfinder in Tarnfarben 

Die himmlische Ruhe unserer Bucht wird am Morgen unserer Weiterfahrt jäh durchbrochen, als wir die Motorengeräusche mehrerer Fahrzeuge in unmittelbarer Nähe vernehmen. Den Sandweg, den vier Tage lang so gut wie kein Auto befahren hat, wälzen sich nun Militärjeeps und LKWs den nächsten Hügel hinauf. Direkt oberhalb der Einfahrt zu unserem Strand haben sich gar zwei Panzer postiert!
Aus der Ferne können wir nun beobachten, wie die ersten Ankömmlinge auf dem Hügel damit beginnen, ein Militärlager aufzubauen. Was zunächst bedrohlich wirkt, lässt uns mehr und mehr schmunzeln: Wir haben das Gefühl, eher jungen Pfadfindern als erwachsenen Soldaten zuzusehen, denn Bierbänke werden aufgestellt, wechseln mehrfach den Platz und trotz emsigen Herumwuselns geht der Aufbau alles andere als zackig voran. Inzwischen können wir auf einigen Anhängern unter Planen schwere Geschütze ausmachen und sind ganz froh, dass wir heute ohnehin weiter wollen.

Soldaten und Panzer treffen wir, wohl im Rahmen einer großangelegten Übung, auch noch einige Kilometer weiter an. Am besten gefallen uns zwei Soldaten, die großräumig das einzige Schlagloch auf der wenig befahrenen Strecke absichern. Amüsiert fragen wir uns, wie viele Soldaten man wohl in Georgien für die Strecke von einem einzigen Kilometer zur Bewachung der Schlaglöcher abstellen müsste – mindestens zwei pro Meter...

Wollte man uns vertreiben?

Stadtbummel

Das erste Städtchen, das wir besuchen, ist etwas ernüchternd. Denn neben mehrstöckigen Häusern gibt eigentlich nur einige Hotelanlagen und ansonsten einen Sandstrand, der aber in unmittelbarer Nähe der Hauptstraße liegt. Immerhin gibt es einen schönen Weg, der auf eine kleine Landzunge und dann nach oben auf eine kleine burgartige Anlage führt, die heute offenbar als Schule dient. Hier finden wir einige schöne Häuschen und als wir auf dem Rückweg zum Auto eher durch unscheinbare Straßen wandeln, sind wir etwas besänftigt. Dennoch fahren wir mit gemischten Gefühlen Richtung Thessaloniki weiter.

Wider Erwarten gefällt uns das aber recht gut. Wir parken auf einem Hügel hoch über der Stadt auf dem Parkplatz des Heptapyrgions, einer mittelalterlichen Festungsanlage. Innerhalb der dicken Mauern finden wir jedoch anstelle von Kettenhemden und Hellebarden die Gebäude eines alten Gefängnisses. Denn ab dem 19. Jahrhundert bis 1989 
wurden hier Verbrecher gefangen gehalten und Wachhäuschen, Gefängniszellen und eine Fotoausstellung zeugen noch davon. Ein durchaus beklemmender aber auch interessanter Start für unsere Stadtbesichtigung. 

Wir folgen kleinen Straßen hinunter ans Meer und kommen dabei an den typischen Sehenswürdigkeiten wie der Rotunde, dem Galeriusbogen und den Überresten der Stadtmauer vorbei bis hin zum Weißen Turm, dem Wahrzeichen der Stadt. Besonders gut gefällt uns die winzige Kirche Hagios Nikolaos Orfanos mit ihren wunderschönen Fresken aus dem frühen 14. Jahrhundert. Wie üblich zieht es uns aber bald in etwas abseits gelegene Straßen um so die Atmosphäre der Stadt einzusaugen.
Die Mittagshitze umgehen wir, indem wir das WLAN der Stadtbibliothek nutzen und schlendern dann bis abends durch die Stadt. Übernachten wollen wir hier jedoch nicht, sondern fahren dazu lieber ins Grüne.

Blick über Thessaloniki
Genau genommen wollen wir zu den berühmten Klöstern von Meteora und suchen uns dort in der Nähe ein Plätzchen im Wald, wo wir auf drei Anhalter treffen, die ab sofort mit uns reisen möchten.

Weitere Bilder findet ihr hier: