Zu Gast bei Nachbar Polen

Eine knappe Woche waren wir bei unserem Nachbar Polen zu Gast. Bei meist über 30°C haben wir Polens Süden angesehen und sind dementsprechend vorwiegend durch flaches Land, gegen Ende jedoch auch durch das bewaldete Tatragebirge Richtung Slowakei gefahren. An Städten haben wir uns vor allem Breslau und Krakau angesehen, wobei es uns insbesondere Krakau mit seiner schönen Altstadt und Burg Wavel im Stadtkern angetan hat.
Gegen Abend schaffen wir es jedes Mal, einen schönen Platz im Grünen zu finden (manchmal mithilfe der App `park4night´). Dreimal übernachten wir an schön gelegenen Seen und ein Platz an einem kleinen Gebirgsfluss in der Nähe von Zakopane gefällt uns so gut, dass wir gleich zwei Nächte bleiben.



Wenn man uns aber fragt, was wir von unserer Zeit in Polen am meisten in Erinnerung behalten werden, fallen uns spontan die folgenden Dinge ein:


Hochzeit?! Ach nee... Fronleichnam!
Donnerstag morgen fahren wir an einer Kirche vorbei und wundern uns über Unmengen an Blütenblättern auf der Straße. Wir tippen erst auf Hochzeit und finden, dass das doch ein wenig übertrieben ist. Doch dann sehen wir wenige Orte weiter erneut Blüten auf der Straße, dazu ist den Mittelstreifen entlang fein säuberlich eine Art Schilf aufgeschichtet. Noch bevor wir uns fragen können, was es damit auf sich hat, fahren wir an der nächsten Kurve beinahe in eine Prozession hinein! (“Ach ja, es ist ja Fronleichnam…”) Erschrocken drehen wir um und warten an der Stelle, an der das Schilf um eine weitere Kurve gelegt wurde, sodass davon auszugehen ist, dass der Zug hier abbiegen wird. Manche Einheimischen sind nicht so zimperlich. Der Fahrer eines Sprinters, der uns fragt was da vorne los ist, zuckt bei unserer Erklärung nur mit den Schultern und fährt weiter.
Endlich kommt die Prozession unter lauten Gesängen, die von Blasmusik und dem Geläut unzähliger Glöckchen  begleitet werden, um die Ecke. Vorneweg ziehen Ministranten, dahinter weiß gekleidete Mädchen, die Blütenblätter auf den Weg streuen, Frauen in traditioneller Tracht, die ein Bild von Papst Johannes Paul tragen, Musiker und letztlich der Priester mit vier Trägern eines Baldachins, das über ihn gehalten wird. Begleitet wird der Zug von etlichen Anwohnern. Am Ziel angekommen predigt der Priester über Mikrofon, sodass er auch das Ende des Zuges zu verstehen ist.
Natürlich ist Fronleichnam auch bei uns als Feiertag bekannt und wird mancherorts noch traditionell begangen, doch eine Prozession diesen Ausmaßes hat keiner von uns beiden bisher gesehen und wir sind froh, zur richtigen Zeit hier gewesen zu sein.


Hölle auf Erden
Mit mulmigem Gefühl dagegen sehen wir einer Unternehmung entgegen, die uns beiden sehr am Herzen liegt: Wir fahren nach Auschwitz und besichtigen das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz I und AuschwitzII/Birkenau.


Und an dieser Stelle kommen wir beim Schreiben ins Stocken. Denn es ist schwer zu beschreiben, was wir an diesem Tag empfinden.
Wir sind davon ausgegangen, dass wir auf das, was uns erwarten würde, vorbereitet sind: Die Gräueltaten, die in Auschwitz begangen wurden und letztlich die Ermordung von 1,2 bis 1,5 Millionen Menschen, sind uns weitgehend bekannt, die menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen die Insassen in den Lagern untergebracht waren, haben wir durch entsprechende Bücher und Filme und vor Augen.
Und doch erschüttert uns der Besuch in Auschwitz mehr als wir dies im Vorfeld erwartet hätten. Vor allen Dingen die Ausmaße der Lager sind uns nie so bewusst gewesen. So reiht sich im Lager Birkenau auf einem unfassbar großen Gebiet eine Baracke, beziehungsweise die Ruine davon, an die andere.
Im Museum Ausschwitz, das auf dem Gelände des Konzentrationslagers Auschwitz I in den originalen Baracken platziert ist, sind es die persönlichen Gegenstände der Opfer, die massenweise von den Nazis geplündert wurden und die hier in Teilen ausgestellt sind, die uns besonders betroffen machen. Hier gehen wir unter anderem durch einen Gang, der zu beiden Seiten von Bergen aus Tausenden Schuhen gesäumt wird, sehen Berge von Brillen, Schüsseln und Koffern. Ebenso erschlagen sind wir von riesigen Raum füllenden Bannern, auf denen in winziger Schrift die Namen allein der niederländischen Opfer geschrieben sind.


Porträtaufnahmen der Opfer bei Ankunft im Lager, die in großer Zahl an den Wänden der verschiedenen Gebäude hängen sowie die Informationstafeln, die jeweils anzeigen, wofür der entsprechende `Block´ genutzt wurde, tun ihr Übriges, um uns unmittelbar vor Augen zu führen, dass die Deutschen es hier geschafft haben, die Hölle auf Erden zu errichten.
Uns beiden kommen während unseres Aufenthaltes hier die Tränen und wir sind am Abend richtig fertig. Dennoch war es uns wichtig, einmal hier gewesen zu sein und möchten einen Besuch in Auschwitz jedem ans Herz legen, der einmal durch den Süden Polens reist.
Wir verweisen an dieser Stelle für Fotos und weitere Informationen auf den Link des Museums. Wir selbst haben hier so gut wie nicht fotografiert, da wir nicht in der Verfassung dazu waren.




Aufatmen…
Unseren Tag in Auschwitz können wir nicht einfach abhaken. Die Bilder werden uns die weiteren Tage begleiten und so sind wir froh, am nächsten Tag nahe Zakopane einen wunderbaren Platz zu finden, an dem wir zur Ruhe kommen. Ein Gebirgsfluss fließt direkt an unserem Lagerplatz vorbei und verschwindet malerisch in den Bergen. Das Wasser ist unheimlich klar, sodass wir mit Flusswasser kochen und Marie sich sogar die Haare waschen kann - auch wenn das Wasser verdammt kalt ist...
Zwar sind wir hier nicht alleine, doch wieder einmal bewährt es sich, dass sich Henk im Gegensatz zu den großen Wohnmobilen, von denen hier zwei oder drei auf einem größeren Kiesplatz stehen, einfach ein paar Matschmeter weiter auf eine unter Bäumen versteckte kleine Grünfläche stellen kann. An unserem ersten Abend hier treffen wir auf Piotr und seinen Freund, die zwar nichts von unseren selbstgemachten Brotchips möchten (hervorragende Möglichkeit, altes Brot zu verwerten!), die uns aber polnisches Bier anbieten und uns bedeuten, uns zu ihnen zu setzen. Es wird ein lustiger Abend und wir freuen uns, das Piotr ein paar Brocken Deutsch spricht, da er hin und wieder beruflich in Deutschland unterwegs ist. Lustig ist auch, ihm beim Feuer machen zuzusehen: Erst wird ein Kanister Benzin auf vorwiegend grünes Holz geleert und als das Holz nicht so recht Feuer fangen will, hilft Piotr kurzerhand mit einem staubsaugerähnlichen Gebläse nach, das er an die Autobatterie anschließt. Johannes sucht inzwischen nach trockenem Holz und schneidet Späne, um das Feuer in Gang zu bringen - und Marie ist stolz auf ihren Schatz, der selbst bei Wind und mit nassem Holz ein Feuerchen entfachen kann…
Als es am nächsten Morgen in Strömen regnet, entscheiden wir kurzerhand noch einen Tag dranzuhängen und genießen bei besser werdendem Wetter einfach den schönen Ort.





Invasion!
Dass man es auch anders antreffen kann, merken wir an einem zwischen zwei Seen gelegenen Lagerplatz. Zunächst freuen wir uns, so einen schönen Platz gefunden zu haben und machen uns ans Kochen. Doch mit Einbruch der Dämmerung überfällt uns auf einen Schlag eine Invasion tausender Mücken! Dass an stehenden Gewässern mit Mücken zu rechnen ist, ist natürlich klar - aber sowas haben wir noch nicht erlebt! In höchster Eile verstauen wir unsere Sachen und  rüsten Henk zum Schlafen - nicht ohne uns vorher mit Deet einzureiben und Räucherspiralen anzuzünden.
Aufgrund der Hitze am Tag sind wir aber so verschwitzt, dass wir uns unbedingt noch kurz waschen wollen. Während es Marie heute jedoch bei einer `Katzenwäsche´ bewenden lässt und in den Caddy flieht, lässt sich Johannes mehr Zeit: “Waschen à la Mücke! Ich wasch mich einfach immer da wo ich gerade eine Mücke spüre…”
Dass diese Einschätzung ein wenig zu optimistisch war, stellen wir fest, als Marie seinen Rücken begutachtet: allein hier ist Johannes mehr als 50x gestochen worden.
Wir schauen uns an und uns wird ein wenig bange: Wie wird das erst, wenn wir in Länder mit richtigen Moskitos kommen?! - Das sehen wir dann wenn wir da sind…



Inzwischen sind wir erst einmal für einen Ministopp in der Slowakei und finden es hier klasse...


Weitere Bilder könnt ihr euch mit diesem Link anschauen: https://photos.app.goo.gl/oLuUFW1KVJTE1g7FA

Achja, falls es übersehen wurde: oben rechts auf der Startseite, wenn man auf die drei Striche klickt, kann man sich unseren Routenverlauf anhand der Übernachtungsplätze ansehen.